Stress und hohe Anforderungen im beruflichen Alltag treiben nicht nur den Blutdruck in die Höhe. Plötzliche akustische Wahrnehmungsstörungen und ein lautes Rauschen auf dem linken Ohr können Symptome für einen Hörsturz sein.
Was ist ein Hörsturz?
Einseitiges Druckgefühl im Ohr oder starkes Rauschen können die Vorboten für einen Hörsturz sein. Doch nur im Einzelfall entwickelt sich der Hörsturz über mehrere Stunden – meist tritt er unerwartet und ohne erkennbaren Grund auf. Von einer Sekunde auf die andere kommt es zu einer einseitigen, seltener zu einer beidseitigen Hörminderung oder Taubheit. Begleitet wird das Ganze häufig von Ohrensausen, das als Rauschen, Summen oder Ähnliches wahrgenommen und als „Tinnitus“ bezeichnet wird. Zusätzlich kommt es oft zu Schwindel und einem Gefühl der Benommenheit und Unsicherheit. Ein Hörsturz sollte in jedem Fall sofort behandelt werden!
Wie wird er ausgelöst?
Die Gründe für einen Hörsturz sind noch nicht eindeutig geklärt. Verbreitet ist die Theorie, es handele sich um Durchblutungsprobleme in den Gefäßen des Innenohrs, so genannte Mikrozirkulationsstörungen. Diese mit Sauerstoffmangel verknüpften Vorgänge sind vergleichbar mit den Gefäßverschlüssen bei Herzinfarkt oder Schlaganfall. Auch Virusinfektionen werden als Auslöser nicht ausgeschlossen. Im Zusammenhang mit einem Hörsturz scheinen generell folgende Faktoren eine wichtige Rolle zu spielen:
- ein verstopftes Ohr
- Infektionen des Mittel- oder Innenohrs wie etwa Trommelfell, Mittelohrentzündung oder die Menière-Krankheit
- Entzündungen wie Borreliose oder Herpes
- kieferorthopädische Probleme
- zu hoher oder zu niedriger Blutdruck
- Durchblutungsstörungen der Kopf- und Wirbelsäulengefäße (Arteriosklerose)
- Komplexbildungen der Blutplättchen (Thrombozyten-Aggregation) oder Blutarmut (Anämie)
- Störungen des Herz-Kreislauf-Systems
- Diabetes mellitus, Stoffwechselstörungen, Schilddrüsenunterfunktion
- Auto-Immunerkrankungen
- Allergien, Unverträglichkeiten gegenüber Medikamenten (etwa bei Antibiotika und Entwässerungsmitteln) oder Chemikalien
- Tumorerkrankungen in Ohr oder Gehirn
- Erkrankungen der Halswirbelsäule
- physische oder psychische Belastung (Stress)
- exzessives Rauchen und Trinken
Wer ist gefährdet?
Im Jahr sind Tausende Deutsche davon betroffen – Männer und Frauen gleichermaßen. Grundsätzlich besteht keine Begrenzung auf eine bestimmte Altersklasse, aber erfahrungsgemäß erleidet kaum jemand einen Hörsturz vor dem 20. Lebensjahr. Am häufigsten tritt er bei 50- bis 60-jährigen Patienten auf. In den letzten Jahren ist die Häufigkeit der Erkrankung stark angewachsen, zunehmend sind nun auch Patienten zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr betroffen. Besonders gefährdet sind generell alle Menschen, die zur Risikogruppe für einen drohenden Herzinfarkt oder Schlaganfall gehören – also Patienten mit Übergewicht, zu hohem Blutdruck, der Zuckerkrankheit, Fettstoffwechselstörungen sowie Raucher oder Patienten, die in erhöhtem Maße physischem oder psychischem Stress ausgesetzt sind.
Was tun im Akutfall?
Erst einmal heißt es: Ruhe bewahren! Gehen Sie am besten sofort zu einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt, damit dieser herausfinden kann, ob es sich wirklich um einen Hörsturz handelt. Auch wenn Sie sich selbst nicht sicher sind, sollte jedes dumpfe Gefühl im Ohr, jeder Hörverlust, aber auch jedes andere ungewöhnliche Ohrgeräusch möglichst schnell untersucht werden, um Spätschäden zu vermeiden. In der Regel wird bei einem Hörsturz zunächst ein Krankenhausaufenthalt über zehn bis vierzehn Tage empfohlen. Der Patient soll durch die Bettruhe Abstand von den Alltagbelastungen bekommen, außerdem wird der Kreislauf stabilisiert. Während dieser Zeit werden meist durchblutungsfördernde Mittel mit dem Wirkstoff Pentoxifyllin und Kortison zur Entzündungshemmung per Infusion verabreicht. Zusätzlich wird nach den individuellen Ursachen gesucht, um weitere Schritte zu ermöglichen.
Therapiemöglichkeiten
Nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Patienten über Lebenssituation und Krankheitsgeschichte wird der Arzt verschiedene Untersuchungen im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich vornehmen, etwa die Prüfung von Hörfunktion, Gleichgewichtssinn und Hör-Nerven. Gleichermaßen folgen Blutuntersuchungen wie die Überprüfung der Cholesterinwerte und der Blutzusammensetzung und Ultraschall-Untersuchungen der Hals- und Wirbelsäulengefäße. In der Regel gehören auch interdisziplinäre Untersuchungen wie physikalische Medizin oder Neurologie dazu, zusätzlich eventuell Röntgenaufnahmen oder Tomographien. Zur Behandlung gibt es zahlreiche Formen alternativer Medizin, die als Therapieformen ebenso umstritten wie willkommen sind:
- Hyperbare Sauerstofftherapie: Hierbei simuliert man einen U-Boot-Tauchgang von 15 Metern Tiefe. Die Patienten atmen über Masken 100-prozentigen Sauerstoff ein, sodass der Sauerstoffgehalt im Blut steigt. Damit soll die Versorgung des Innenohrs verbessert und die Regeneration der Sinneszellen angeregt werden.
- Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT): Diese Therapieform ist vergleichbar mit der Desensibilisierung bei Allergikern. Der Betroffene wird stufenweise mit seinem Ohrgeräusch konfrontiert, um Schritt für Schritt zu lernen, das Geräusch zu akzeptieren und weit in den Hintergrund seiner Wahrnehmung zu drängen.
- Musiktherapie: Auch die Musiktherapie setzt auf die Fähigkeit unseres Gehirns, Töne und akustische Reize unterschiedlich stark wahrzunehmen und zu filtern. Dem Patienten wird meist klassische Musik vorgespielt, in die ein Störsignal eingebaut wird, das der Tonhöhe des Tinnitus entspricht. Ziel ist es, das zunächst als störend empfundene Geräusch später zu überhören und nur noch schwach wahrzunehmen.
“Masker”: Masker sind kleinen Hörgeräten ähnlich. In Zusammenarbeit von Ärzten und Hörakustikern werden dem Gerät Töne einprogrammiert, die individuell auf den Patienten und die Frequenz seines Ohrgeräusches abgestimmt sind. Die Töne im Ohr sollen durch die Geräusche des Maskers übertönt und somit nicht mehr hörbar werden. Allgemein ist nach einem Hörsturz oft eine Änderung des Lebensstils unumgänglich. Dazu gehört der Verzicht auf gefäßverengende Faktoren wie Zigaretten, Kaffee und Alkohol sowie weniger Stress, mehr Erholungspausen, ausreichender Schlaf und Freizeitaktivitäten. Achten Sie auf die Warnsignale Ihres Körpers und sorgen Sie für Ihr Wohlbefinden. Diverse Entspannungsmethoden wie autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, Joga oder Tai-Chi können helfen, zukünftig besser mit belastenden Situationen umzugehen.
Heilungschancen
Die Heilungschancen sind abhängig davon, wie schnell eine Behandlung des Hörsturzes erfolgt. Die meisten Menschen erlangen ihr Hörvermögen innerhalb der ersten zehn bis 14 Tage in einem zufriedenstellenden Maße bis komplett zurück. Das Schwindelgefühl verschwindet oft schon innerhalb der ersten drei Tage. Dennoch bleiben bei vielen Patienten auch Folgeschäden in Form von Ohrgeräuschen zurück, die sich nur noch schwer beheben lassen. Eine Garantie für eine Heilung gibt es nicht.
Wie kann man einen Hörsturz vermeiden?
Da man nicht genau weiß, was die genaue Ursache für einen Hörsturz ist, gestaltet sich auch die Prophylaxe als äußerst schwierig. Eine ausgewogene Ernährung ohne exzessiven Alkohol- und Zigarettenkonsum und generell eine gesunde Lebensweise – dazu gehört es auch, insbesondere über Kopfhörer keine laute Musik zu hören – können jedoch nur dazu beitragen, das Risiko einer Erkrankung dieser Art zu mindern. Außerdem sollten Sie lernen, besser mit Stress umzugehen, und sich eine positive Lebenseinstellung aneignen. Oben genannte Entspannungsmethoden können dabei eine Hilfestellung bieten. Hören Sie auf die Signale Ihres Körpers und lernen Sie, auch mal „nein!“ zu sagen, falls Ihnen die Belastung zu hoch erscheint.